Coaching - Was ist das eigentlich?
Coaching und verschiedenste Coachs laufen uns irgendwie ständig über den Weg. Da gibt es den Fitness Coach von Freelatics, die Ernährungs-Coachin auf Facebook oder den Business Coach auf LinkedIn, der uns bei unserem Traum von der Selbstständigkeit unterstützt. Unternehmensberater*innen sind jetzt lieber Coaches als alles andere und die coolsten Professoren an der Uni lehren nicht mehr, sondern coachen lieber. Aber was ist das jetzt eigentlich genau, dieses Coaching? Und was macht Professionelles Coaching aus? Der folgende Blogartikel soll hier ein bisschen Licht ins Dunkel bringen.
Was ist eigentlich (Professionelles) Coaching?
Wie immer, wenn man etwas
konstruktiv erklären will, lohnt sich hierfür der Blick in die Wissenschaft.
Coaching ist noch ein junges Forschungsfeld, trotzdem findet man schon eine
Reihe nützlicher Definitionen, die uns der Sache näherkommen lassen. Dr. Christopher
Rauen, ein deutscher Psychologe, ist einer der wichtigsten Köpfe in der deutschsprachigen
Coachingforschung und seine Definition von Coaching klärt schon so einige
Fragezeichen. Für ihn ist Coaching ein personenzentrierter Beratungs- und
Begleitprozess, bei dem ein Coach einen Coachee dabei unterstützt, eigene Lösungswege
für berufliche oder private Problemstellungen zu entwickeln (Rauen,
2008, S. 2–3). Andere Wissenschaftler sprechen von Coaching als einem Werkzeug der
persönlichen Weiterentwicklung, einer Hilfe zur Selbsthilfe oder einem
Ermöglichen von Selbstreflexion, um selbstgesetzte Ziele zu erreichen, sich zu
verändern oder zu entwickeln (König & Volmer, 2009, S. 11-12; Greif, 2008,
S. 59). Zu professionellem Coaching gehört nicht nur eine theoretisch fundierte
Coaching-Philosophie, wie ich sie dir im nächsten Absatz unter „Coaching
Schulen“ vorstellen möchte, sondern auch die Tatsache, dass ein Coaching
Gespräch nicht irgendwie abläuft, sondern einer (methodischen) Struktur folgt. Und
das wichtigste zum Schluss: Coaching liegt ein bestimmtes Menschenbild zugrunde,
nämlich der Annahme, dass Menschen autonom handeln und selbst Entscheidungen
treffen können.
Es ist auch wieder Christopher Rauen, der die Merkmale von Coaching systematisch in seiner Literatur festhält. Das ist es also, was zum Coaching dazugehört:
Coaching-Merkmale (eigene Darstellung in Anlehnung an Rauen, 2008, S.3<br>
Ein*e Coach*in ist also eine Wegbegleitung.
Eine Begleitung, die mit den richtigen
Fragen und Methoden, mit Einfühlungsvermögen und Respekt dabei hilft, die
eigene Situation besser zu verstehen und die richtigen Impulse zum Weitergehen
zu geben.
Auf eine ausführliche
Abgrenzung zu anderen Interventionen wie Beratung (wobei Coaching auch
Beratungselemente enthalten kann!) oder Supervision möchte ich in diesem Blogbeitrag
verzichten, denn ich weiß eure Zeit ist knapp und kostbar. Wenn ihr der Meinung
seid, dazu sollte es unbedingt noch eine weitere Veröffentlichung geben, lasst
es mich wissen und schreibt mir eine Mail an sophia@subkultur-coaching.de.
Eine wichtige Sache liegt mir allerdings noch auf dem Herzen, die in diesem
Zusammenhang äußerst wichtig zu erwähnen ist: COACHING IST KEINE
PSYCHOTHERAPIE!
Coaching ist eine Hilfe zur Selbsthilfe und sieht keine Behandlung psychischer
Störungen mit Krankheitswert vor, wie sie im ICD-10, dem "International
Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems",
festgeschrieben sind. Liegen erhebliche Symptome mit Krankheitsbild vor, ist
Coaching nicht die richtige Anlaufstelle! In akuten Fällen gibt es schnelle
Hilfe bei psychosozialen Beratungsstellen. Eine Auflistung findet ihr hier.
Welche „Coaching Schulen“ gibt es?
Zurück zur Coaching Philosophie. Jedes Professionelle Coaching bedient sich einer oder mehrerer Konzepte, das heißt Philosophien, auf denen das Coaching Programm aufbaut.
Da gibt es das psychodynamische Konzept nach Wildflower (2013), das unbewusste Ängste und Widerstände in Organisationen oder Einzelpersonen ähnlich einer Psychoanalyse ins Zentrum des Coachings rückt.
Systemische Ansätze wie bspw. nach Luhmann (1984) oder Bateson (1950er Jahre) beleuchten im Coaching das Zusammenwirken verschiedener Faktoren in einem sozialen System. Systemisch bedeutet, auf die Person des Coachee zu schauen, aber auch auf das, was Beteiligte denken, welche sozialen Regeln vorherrschen, welche Verhaltensmuster sich wiederholen oder welche Umwelteinflüsse dazu wirken.
Kognitiv-behaviorale Coachingkonzepte finden häufig in Einzelcoachings zum Thema Stress-/Selbstmanagement Anwendung. Hier liegt das verhaltenstheoretische Reiz-Reaktions-Modell zugrunde, einfacher erklärt am ABC-Modell nach Ellis (1993). Es wird davon ausgegangen, dass bestimmte Auslöser (A) bestimme Glaubenssätze, Überzeugungen bzw. „Lebensregeln“ hervorrufen, die wiederum bestimmte Emotionen und (angelernte) Reaktionsmuster bzw. Verhaltensstrategien (C) auslösen. Diese Glaubenssätze und/oder Verhaltensstrategien zu verändern, ist Ziel des Coachings.
Das ABC-Modell im kognitiv-behavioralen Coaching (eigene Darstellung)<br>
Beim ergebnisorientierte Coaching-Konzept nach Greif (2008) liegt der Schwerpunkt auf der Selbstreflexion des Coachee und der Aktivierung vorhandener Ressourcen durch das Coaching.
Außerdem
gibt es noch das narrative Coaching nach Drake & Stelter (2014), bei
dem in einem freien, gewissermaßen philosophischen Gespräch Coachees sich ihrer
eigenen Geschichte(n) bewusstwerden können und ihre eigene Identität darin
besser verstehen, oder das positiv-psychologische Coaching, das sich auf
Lösungen und direkt erfahrbare positive Erlebnisse im Coaching Prozess konzentriert.
Auch NLP, das neurolinguistische Programmieren zählt zu den
Coaching-Konzepten, dessen Wirkungsweise allerdings als „pseudowissenschaftlich“
gilt und sehr umstritten ist.
Diese Coaching-Schulen sind kein „entweder oder“. Ein*e professionelle*r
Coach*in sollte sich ihnen bewusst sein, aber kann sich mehrerer Konzepte und entsprechender
Methoden bedienen. Meine Coachings richte ich methodisch vor allem an kognitiv-behavioralen
und systemischen Ansätze sowie der ergebnisorientierten Selbstreflexion
aus.
Welche Formen von Coaching gibt es?
Tatsächlich einige, was beim Blick auf die verschiedenen Themen auf dem Coaching Markt nicht ganz überraschend ist. Auf spezifische Formen wie E-Coaching oder Selbstcoaching möchte ich gar nicht genauer eingehen, um auch hier den Rahmen nicht zu sprengen. Ich konzentriere mich kurz und knapp auf die beiden Coaching-Formen, die auch ich anbiete: Einzelcoaching und Teamcoaching.
Einzelcoaching ist die „klassische“ Form des Coachings. Wie der Begriff schon erahnen lässt, läuft es im „Vier-Augen-Setting“ ab - gegenseitiger Respekt und Vertrauen sind absolute Grundvoraussetzungen dafür! Themenschwerpunkte sind überwiegend beruflicher Natur, wobei persönliche Aspekte immer teilhaben sollten, und reichen von Selbstmanagement und klassischem „Business Coaching“ hin zu gesundheitlichen Themen wie Burn-Out Prävention.
Teamcoaching richtet sich an Teams als eigene Subsysteme mit gemeinsamen Zielen. Und genau an diesen Zielen richtet sich auch das Teamcoaching aus. Der Grund für ein Teamcoaching ist häufig, dass (noch) nicht genügend Zielklarheit herrscht, Teammitglieder unzufrieden oder angeschlagen sind oder eine Veränderung große Herausforderungen oder Konflikte hervorruft. Die/Der Coach*in hilft hier bei der klareren Definition der Ziele, bei Kommunikationsproblemen, im Umgang mit Belastungen und hilft, Motivation, Zusammenhalt und effektive Zusammenarbeit zu fördern.
Wie läuft ein Coaching ab?
Hui, das wird ein theorielastiger Blogartikel. Aber auch hier bringt uns der Blick in die Wissenschaft Struktur und Durchblick. Das GROW-Modell von Whitmore (1992) gliedert den Coaching-Prozess zielorientiert nach den Phasen Zielklärung (GOAL), Situationsklärung / Diagnostik (REALITY), Lösungsentwicklung (OPTIONS) und Abschlussphase (WILL).
Das GROW-Modell von Whitmore (1992) (eigene Darstellung)
In den verschiedenen Phasen kommen entsprechende Methoden zum Einsatz wie bspw. Befragungen oder zirkuläres Fragen in der Situationsklärung oder Kreativitätstechniken zur Lösungsentwicklung.
…Last but not least
Es gibt nicht den einen Coaching-Prozess oder die eine Coaching-Methodik, die auf jedes Team, jede Einzelperson und jede Coaching—Situation anwendbar ist. Professionelles Coaching erfordert eine umfangreiche Analyse der individuellen Situation, um geeignete Methoden auszusuchen oder ggf. neu entwickeln zu können.
Diesem Anspruch möchte ich in Eurem Coaching stets gerecht werden! Ich nehme mir Zeit für Eure Anliegen, für die Komplexität eurer individuellen Situation und entwickle mit Euch gemeinsam Lösungen. Wenn ihr Euch nicht sicher seid, ob ein Coaching das Richtige für Euch ist, meldet Euch einfach – wir finden gemeinsam heraus, was in Eurer konkreten Situation weiterhelfen kann!
Ihr habt noch Fragen oder wollt es selbst einmal ausprobieren? Ich freue mich auf Eure Nachricht über sophia@subkultur-coaching.de
Literatur
Greif, S.
(2008). Coaching und ergebnisorientierte Selbstreflexion. Theorie, Forschung
und Praxis des Einzel- und Gruppencoachings (Innovatives Management).
Göttingen: Hogrefe.
Greif, S., Möller, H. & Scholl, W. (2018). Handbuch Schlüsselkonzepte im Coaching. Berlin, Heidelberg: Springer Berlin Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-49483-7
König, E.
& Volmer, G. (2009). Handbuch Systemisches Coaching. Für
Führungskräfte, Berater und Trainer (Weiterbildung und Qualifikation).
Weinheim: Beltz.
Lippmann, E. (2013). Coaching. Berlin, Heidelberg: Springer Berlin Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-35921-7
Rauen, C. (Hrsg.). (2005). Handbuch Coaching (Innovatives Management, 3., überarb. und erw. Aufl.). Göttingen: Hogrefe. Verfügbar unter: http://www.handbuch-coaching.de
Rauen, C.
(Hrsg.). (2012). Coaching-Tools III. Erfolgreiche Coaches präsentieren 55
Interventionstechniken aus ihrer Coaching-Praxis (Edition Training
aktuell). Bonn: managerSeminare Verl.
Rauen, C. (2008). Coaching (Praxis der Personalpsychologie, Bd. 2, 2., aktualisierte Aufl.). Göttingen: Hogrefe.
Photo by Danielle MacInnes on Unsplash sowie pixaby.